Paweł Machcewicz über den 1. September 1939

Gemeinsam oder getrennt? Stationen deutsch-polnischer Geschichte.
Paweł Machcewicz über den 1. September 1939

Prof. Dr. Paweł Machcewicz (geb. am 27. April 1966) ist Historiker und Professor am Institut für Politische Studien an der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN). Er wurde 1993 promoviert und erwarb einen weiteren Abschluss in Politischer Theorie im Jahre 2000. Seit 2009 lehrte er als Professor an der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Thorn (Toruń). Von 1990 bis 2000 war er Chefredakteur des populärwissenschaftlichen Magazins „Mówią Wieki“. Er war Mitbegründer des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) und Gründungsdirektor des Danziger Museums des Zweiten Weltkriegs, wo er aus politischen Gründen nach einem Gerichtsverfahren am 6. April 2017 entlassen wurde. Zu seinen Forschungsgebieten gehören die Geschichte des 20. Jh. U.a. die des Zweiten und Kalten Krieges.  Zusammen mit dem deutschen Historiker Stephan Lehnstaedt (Touro College Berlin), arbeitet er an einem Projekt zur Geschichte der deutschen Besatzung Polens im Zweiten Weltkrieg.

Als in den frühen Morgenstunden am 1. September 1939 auf die polnische Ortschaft Wieluń die ersten Bomben fielen und das deutsche Kriegsschiff Schleswig Holstein das Feuer gegen die Halbinsel Westerplatte eröffnete, begann der deutsche Überfall auf Polen und der Zweite Weltkrieg.
Wir sprachen im Juni 2024 mit Prof. Machcewicz über die Bedeutung des 1. September für das polnische Kollektivgedächtnis, den Mehrwert von Kriegsgeschichte sowie die Innovationen, die das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig einführte und die möglichen Desiderate, die noch über die sechs Jahre deutscher Besatzung erzählt werden können.
Den 1. September 1939 ordnet Paweł Machcewicz für Polen wie folgt ein:
„Der erste September ist sicherlich das wichtigste Datum im kollektiven Gedächtnis der Pol:innen, wenn es um den Zweiten Weltkrieg geht. Nicht nur, was den Beginn selbst betrifft, denn das ist offensichtlich, dieses Datum symbolisiert im Grunde die gesamte Kriegserfahrung. […] Und gerade der Zweite Weltkrieg ist eine Erfahrung, die uns jahrzehntelang geprägt hat, auch unter dem Gesichtspunkt des Traumas; er war das größte Trauma der polnischen Geschichte der letzten Jahrhunderte. Ich denke, dass man das für die gesamte polnische Geschichte im Hinblick auf die menschlichen Verluste, das Leid, die materielle Zerstörung und dass man dies für das ganze Land sagen kann.“
Wir laden Sie zum Anschauen des Films ein und würden uns über Ihre Kritik, Kommentare und Anregungen freuen.

Aktuelle Netzfunde:

Przemysław Lis, Bartłomiej Makowski: A więc wojna! Wrzesień 1939 roku w archiwach Polskiego Radia [Das bedeutet Krieg! September 1939 in den Archiven des Polnischen Rundfunks], Polskie Radio 2024, URL: https://podcasty.polskieradio.pl/podcast/440

Ausgewählte Publikationen

Jochen Böhler, Auftakt zum Vernichtungskrieg. Die Wehrmacht in Polen 1939, Frankfurt 2006.
 
Jochen Böhler und Stephan Lehnstaedt (Hg.), Gewalt und Alltag im besetzten Polen 1939–1945 [= Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Warschau; 26], Osnabrück 2012.
 
Czesław Madajczyk, Polityka III Rzeszy w okupowanej Polsce, Band 1 und 2, Warszawa 1970
(dt. Übersetzung: Die Okkupationspolitik Nazideutschlands in Polen übers. und bearb. v. Berthold Puchert, Berlin 1987).
 
Maren Röger, Kriegsbeziehungen. Intimität, Gewalt und Prostitution im besetzten Polen 1939 bis 1945, Frankfurt am Main 2015.