Eröffnungsvortrag Klaus Zernack Colloquium

28.03.2019

Eröffnungsveranstaltung der Vortragsreihe

Identitätsfabriken?
Museen & historische Bildung in Polen

im Rahmen des Klaus Zernack Colloquiums

Prof. Dr. Yvonne Kleinmann (Aleksander-Brückner-Zentrum), Prof. Dr. Michael G. Müller (Halle-Wittenberg) und Prof. Dr. Igor Kąkolewski (ZHF Berlin)
laden Sie herzlich zum Eröffnungsvortrag ein von

 

Prof. Dr. YVONNE KLEINMANN
Museum des Zweiten Weltkrieges in Polen
Versuch einer Ausstellungskritik jenseits der politischen Debatte

mit einem Kommentar von Dr. Łukasz Jasiński (Berlin).

Der Eröffnungsvortrag findet am Donnerstag, den 28. März 2019 um 19.00 Uhr in der Bibliothek des Zentrums für Historische Forschung Berlin statt.

Kein polnisches Museum hat in den letzten zwei Jahren auf nationaler und auf europäischer Ebene so viel Aufmerksamkeit erlangt wie das Museum des Zweiten Weltkriegs in Gdańsk. Allerdings richtet sich das Interesse in erster Linie auf die Geschichtspolitik der PiS-Regierung, deren Interventionen in die im Frühjahr 2017 eröffnete Dauerausstellung und auf die Absetzung des Gründungsdirektors Paweł Machcewicz. Über die politische Debatte ist die Auseinandersetzung mit den Inhalten des Museums und seiner Erzählung beinahe in Vergessenheit geraten.

Anliegen des Vortrags ist es deshalb, die weitgehend in ihrer ursprünglichen Form erhaltene Ausstellung als solche zu würdigen und an den Zielen der AusstellungsmacherInnen zu messen: Ist es zum Beispiel gelungen, das Thema Vertreibung in einem breiteren Kontext als jenem der deutschen Vertriebenen zu präsentieren? Liegt der Ausstellung tatsächlich eine europäische Narration zugrunde? Nimmt der Alltag des Krieges die ihm zugeschriebene vorrangige Bedeutung gegenüber den militärischen Aspekten ein? Und schließlich: Welche Passagen könnten anders erzählt werden?

 

Zur Themenreihe:

Das Klaus Zernack Colloquium ist im akademischen Jahr 2019/2020 den polnischen historischen Museen und der in ihnen praktizierten historischen Bildung gewidmet. In den letzten zehn Jahren sind in Polen zahlreiche neue Museen entstanden, die eine wichtige Rolle in der Prägung der Identität der polnischen Gesellschaft und in der Wahrnehmung ihrer eigenen Geschichte spielen. Nicht nur sind viele neue Museen gegründet worden, es wurde auch der Versuch einer radikalen Reformierung bereits bestehender Institutionen unternommen. Die Museen sind zu einem Versuchsgelände verschiedener ideeller und ausstellungspraktischer Konzepte geworden: Museen-Tempel wurden durch Museen-Erlebnisparks ersetzt, multimediale Formate der Wissensvermittlung haben an Bedeutung gewonnen. Neben den sogenannten narrativen Museen, entstanden kürzlich auch solche, die stark auf Originalobjekte und deren Geschichten fokussiert sind. Konzepte der Umsetzung der Idee des kritischen Museums kamen auf, neben großen nationalen Meistererzählungen fanden auch Stimmen der Minderheiten Eingang in die Ausstellungen. 

Auch wenn die Aufgabe von historischen Museen die Erzählung über die Vergangenheit ist, werden sie als Institutionen in der Gegenwart erschaffen und sind stark in ihr verwurzelt. Die in ihnen präsentierte Geschichte und die jeweilige Erzählart sind Ergebnisse des aktuellen Wissensstandes, damit verbundener Trends und Theorien, verfügbarer Technologien, aber gleichzeitig auch politischer und ideologischer Präferenzen ihrer Stifter und Erschaffer. Museen sind einerseits Ausdruck einer Geschichtskultur und können als staatliche Institutionen, finanziert

Prof. Dr. Yvonne Kleinmann, ist Osteuropa-Historikerin und Geschäftsführende Direktorin des Aleksander-Brückner-Zentrums für Polenstudien in Halle (Saale). Sie befasst sich vor allem mit der Interaktion von Recht und Religion in der polnischen Geschichte, mit der Geschichte der polnisch-litauischen Territorien in den Imperien des 19. Jahrhunderts und mit der Frage, wie polnische Geschichte erzählt werden kann.

Aktuelles Forschungsprojekt: »Getrennt gemeinsam. Religiöse Heterogenität und Recht in einer städtischen Verfassung des frühneuzeitlichen Polen«

Kontakt: Dr. Małgorzata Popiołek-Roßkamp

Das vollständige Programm finden Sie hier.