KLAUS ZERNACK COLLOQUIUM, 17.01.2017

09.01.2017
Vortragsreihe Multilaterale Erinnerungsorte Herausforderungen, Erwartungen und Potenziale im Rahmen des Klaus Zernack Colloquiums
 

Prof. Dr. Michael G. Müller und Prof. Dr. Robert Traba laden gemeinsam mit Prof. Dr. Igor Kąkolewski ein zum Vortrag von

Dr. habil. Roma Sendyka (Krakau)
 
Perspektiven einer Kulturanalyse nicht erinnerter Orte des Völkermords
 
Kommentar: Prof. Dr. Magdalena Marszałek (Potsdam)
 
Dienstag, den 17. Januar 2017, 19:00 Uhr
 
Bibliothek des Zentrums für Historische Forschung Berlin
der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Majakowskiring 47
13156 Berlin-Pankow
 
Die komplexe Geschichte Ostmitteleuropas hat in dieser Region Orte hervorgebracht, die von einer traumatischen Vergangenheit geprägt, mittlerweile aber in Vergessenheit geraten, verdrängt und in Frage gestellt worden sind. In diesen Orten sind die Erinnerungspraktiken der dort lebenden Gemeinschaften verankert, sie haben das Potenzial, Erinnerungsorte zu sein – und sind es doch nicht geworden. In ihrem Vortrag diskutiert Roma Sendyka die Möglichkeit der Konzeptualisierung und Typologie solcher Orte und schlägt eine kritische Weiterentwicklung historischer Studien zu Erinnerungsorten mithilfe einer Analyse zeitgenössischer kultureller und gesellschaftlicher Funktionen dieser Orte vor – als materielle Zeugen vergangener Gewalt. Ihrer Auffassung nach spielen die nicht erinnerten Orte der Gewalt eine wesentliche Rolle in identitätsstiftenden und haltungsbildenden Prozessen mit Blick auf die Vergangenheit; so sind sie nur scheinbar aus dem gesellschaftlichen und kulturellen Umlauf entrückt. Im Hinblick auf ihre Wirkung unterscheiden sich diese Orte aber von Erinnerungsorten.
Im Zuge des Vortrags sollen vorläufige Befunde zur Wirkungsweise dieser Orte auf Praktiken der (Re)Präsentation und Deutung der Vergangenheit untersucht, Probleme der Funktionsweise solcher vergessener bzw. in Frage gestellter Orte am lokalen und nationalen Erinnerungshorizont diskutiert und schließlich überlegt werden, inwiefern diese an Identitätsbildungsprozessen teilhaben und welche Bedeutung ihnen im Rahmen von kulturellen Praktiken zugeschrieben wird.
 
Dr. habil. Roma Sendyka ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Literaturanthropologie und Kulturforschungen an der Jagiellonen-Universität Krakau sowie Leiterin des Forschungszentrums zu Gedächtniskulturen, einer wissenschaftlichen, didaktischen, popularisierenden und Bildungseinrichtung, die sich mit Kulturtheorien und -praktiken im Zusammenhang mit individueller und kollektiver Erinnerung auseinandersetzt. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Theorien der Literatur- und Kulturwissenschaft, insbesondere visuelle und Erinnerungskulturen, zu welchen sie eine Vielzahl von Publikationen verfasst und herausgegeben hat.