ONLINE KZQ - Jude? Deutscher? Pole? Oberschlesier?

17.09.2020
Veranstaltung der Vortragsreihe

Volksabstimmungen, Selbstbestimmung und Minderheitenrechte nach 1918 in Mittel- und Osteuropa

im Rahmen des Klaus Zernack Colloquiums laden wir Sie herzlich ein zum Vortrag von

DR. ALEKSANDRA NAMYSŁO (KATTOWITZ)

Jude? Pole? Deutscher? Oberschlesier? Nationale Selbstzuschreibungen oberschlesischer Juden und jüdisch-jüdische Antagonismen im polnischen Teil Oberschlesiens in der Zwischenkriegszeit
 
Kommentar:  Dr. Marcin Wiatr (Braunschweig)
Der Vortrag findet am  Donnerstag, den 17. September  2020 um 18.15 Uhr auf dem YouTube Kanal des Deutschen Kulturformus östliches Europa statt.

Im multikulturellen Schlesien, das im Laufe der Jahrhunderte unterschiedlichen Staaten angehörte, waren Juden schon seit dem Mittelalter ein prägender Bestandteil der Gesellschaft. Nach dem Ersten Weltkrieg, drei Aufständen und Plebisziten fiel der südöstliche Teil der Region, Ostoberschlesien, an Polen. Das hatte gravierende Folgen für die Bevölkerung, die in diesem Grenzraum lebte. Deutsche, Polen und Oberschlesier nebeneinander, wobei sich Letztere entweder eher polnisch oder eher deutsch, oder aber in dieser Hinsicht indifferent fühlten. Die in der Region stets vorherrschende deutsch-polnische Rivalität zwang auch die jüdischen Bewohner dazu, sich für eine Seite des Konfliktes auszusprechen und sich einer konkreten Kultur und Nation zuzuordnen. Die ansässige, autochthone jüdische Gemeinschaft  entschied sich überwiegend für die deutsche Sprache und Kultur und sah dabei die aus den ehemaligen Teilungsgebieten Polens (Galizien und Kongresspolen) zugereisten Jüdinnen und Juden eher als kulturelle und mentale Bedrohung an. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs lebten Autochthone und Hinzugekommene in sich stark voneinander abgrenzenden und miteinander konkurrierenden Parallelwelten.

Dr. Aleksandra Namysło ist Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Nationales Gedenken in Kattowitz/ Katowice und des Museums in Gleiwitz (Dom Pamięci Żydów Górnośląskich - oddział Muzeum w Gliwicach) sowie Autorin von Monografien zu den jüdisch-polnischen Beziehungen im Zweiten Weltkrieg.
Dr. Marcin Wiatr, Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Georg-Eckert-Institut – Leibnitz-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig und Autor des Literarischen Reiseführers Oberschlesien (Potsdam 2016).