Der Vortrag fand am Donnerstag, den 25. Juni 2020 um 18.15 Uhr auf dem YouTube Kanal des Deutschen Kulturformus östliches Europa statt.
Im Sommer 1945 begann die Zwangsaussiedlung der Deutschen aus den Gebieten, die nach den Alliierten-Abkommen an Polen abgegeben wurden. Trotz einer massenhaften Vertreibung und Flucht blieben nach 1945 Tausende Deutsche innerhalb der Grenzen des polnischen Staates zurück. Gleichzeitig durften nicht alle unter ihnen, die Polen freiwillig verlassen wollten, auch ausreisen. Der Vortrag setzt sich mit der Frage auseinander, wie die "zurückgehaltenen" Deutschen die tiefgreifenden politischen und gesellschaftlichen Umbrüche und den Aufbau des Staatssozialismus in Polen erlebten. Der Blick richtet sich auf den Alltag und das Zusammenleben zwischen den Deutschen und den polnischen Neusiedlern, die nach Zentralpolen umsiedelten oder aus den ehemals ostpolnischen, nunmehr sowjetischen Gebieten als „Repatriierte“ vertrieben wurden. Der Alltag war nicht nur von wirtschaftlicher Not, Hunger und Wohnungsmangel bestimmt, sondern vor allem von den Reaktionen der Polen auf die NS-Besatzungspolitik. Dazu betrieb Warschau eine restriktive Nationalitätenpolitik, die nicht-polnischen Bürgern ihre staatsbürgerlichen Rechte entzog. Paradoxerweise brachte erst die „Stalinisierung“ Polens den bis dahin diskriminierten Deutschen zuvor vorenthaltene Handlungsmöglichkeiten.
Dr. Teresa Willenborg ist Politikwissenschaftlerin, Historikerin, beeidigte Übersetzerin für niedersächsische Justiz
Dr. Irena Kurasz ist Soziologin, Minderheitsforscherin am Lehrstuhl für Strategische und Europäische Studien der Universität Breslau
