Klaus Zernack Colloquium, 19.06.2017

19.06.2017
Vortragsreihe Migrationsprozesse und Kulturtransfer. Deutsche und polnische Kontexte im Rahmen des Klaus Zernack Colloquiums
Prof. Dr. Michael G. Müller und Prof. Dr. Robert Traba laden gemeinsam mit Prof. Dr. Igor Kąkolewski ein zum Vortrag von
 
Dr. Izabela Drozdowska-Broering (Curitiba)
„Deutsche und polnische Migration in Brasilien“ 
 
Kommentar: Dr. Maria Skóra (Berlin)
 
Montag, den 19. Juni 2017, 19:00 Uhr
 
Bibliothek des Zentrums für Historische Forschung Berlin
der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Majakowskiring 47
13156 Berlin-Pankow
 
Im 19. Jahrhundert flossen große Menschenströme, anders als zurzeit, aus Europa heraus. Aus materiellen, politischen und konfessionellen Gründen suchten tausende von Deutschen, Polen, Ukrainern und Italienern neues Zuhause im Übersee. Eins der meistgewählten Ziele war Brasili-en. Die europäischen „Nachbarn“ trafen in den Bundesstaaten Paraná, Santa Catarina und Rio Grande do Sul an und wohnten oft in benachbarten Siedlungen.
Auch wenn heute der Prozess der Assimilation weit fortgeschritten ist, kann man von einem ständigen Prozess der Akkulturation und des Kulturtransfers [Espagne] zwischen den europäisch stämmigen Minderheitsethnien und der brasilianischen (in sich sehr inhomogenen und vielfälti-gen) Mehrheitskultur sprechen. Da die beiden zahlreichsten Gruppen – die deutsche und die polnische – seit dem Ende des 19. Jahrhunderts jeweils über hundert eigene Pressetitel in Brasi-lien herausgegeben haben und zum Teil noch herausgeben, lassen sich die Haupttendenzen des sich wandelnden Eigen- und Fremdbildes, die Beziehung zu dem Zielland und seiner „Stammbe-völkerung“ sowie zu der jeweils anderen Migrantengruppe gut nachverfolgen. Besonders interes-sant scheint in diesem Zusammenhang auch die Frage nach der Beziehung der Migranten zum Raum [Schlögel, Osterhammel, Löw], Entstehung eines „dritten Ortes“ [Bhabha], sich veränderter Identität und nach den kolonialen Aspekten der deutschen und polnischen Siedlungspraxis [Vare-la/Dhawan] in Zeiten offener politischer Konflikte und Besatzung Polens vor 1918.
 
Dr. Izabela Drozdowska-Broering: 1999-2004 Studium der Germanistik an der Universität Poznań. 2008 Promotion: „Topographien der Begegnung: Untersuchungen zur jüngeren deut-schen und polnischen Prosa der Grenzräume nach 1989“. Ab 2008 wissenschaftliche Mitarbeite-rin am Institut für Deutsche Philologie der Universität Poznań. Ab 2016 Mitarbeiterin des Projek-tes „dbp digital – Deutsch-brasilianische Presse“ unter Leitung von Paulo Astor Soethe. Zurzeit Gastprofessur an der Universidade Federal do Paraná (Curitiba/ Brasilien). Forschungsschwer-punkt: Migrationsliteratur, Egodokumente, Postcolonial studies.