KLAUS ZERNACK COLLOQUIUM, 16.05.2017

16.05.2017
Vortragsreihe Migrationsprozesse und Kulturtransfer Deutsche und polnische Kontexte im Rahmen des Klaus Zernack Colloquiums
 
Prof. Dr. Michael G. Müller und Prof. Dr. Robert Traba laden gemeinsam mit Prof. Dr. Igor Kąkolewski ein zum Vortrag von:
 
Dr. Gregor Ploch (Berlin):
„Unsere Jungs gewinnen.“ Aussiedler aus Oberschlesien zwischen deutscher und polnischer Identität
 
Kommentar:
Prof. Dr. Robert Traba
 
Dienstag, den 16. Mai 2017, 19:00 Uhr
 
Bibliothek des Zentrums für Historische Forschung Berlin
der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Majakowskiring 47
13156 Berlin-Pankow
 
Zwischen den 1950er Jahren und 1993 wanderten ca. 1,3 Mio. sogenannte Aussiedler aus Polen in die Bundesrepublik ein. Der überwiegende Anteil dieser Migranten kam aus Oberschlesien. Von Anfang an waren sie dem Druck der Assimilation – nicht der Integration – ausgesetzt. Man sprach nicht gerne über seine Abstammung, um nicht als Aussiedler aus Polen „demaskiert“ zu werden und nicht als Polen bzw. als in der polnischen Kultur Verwurzelte zu gelten. Die Zugehö-rigkeit zu Deutschland und seiner Bevölkerung wurde besonders hervorgehoben.
Eine gravierende Wende in der (Selbst)Wahrnehmung der Aussiedler brachten weltweite Sport-ereignisse (Fußball und Handball) der letzten zehn Jahre, in der die doppelte Kulturverwurzelung medial und gesellschaftlich salonfähig wurde (Klose/Podolski). So konnten etwa die Oberschlesi-er frei äußern, dass ihr Herz für beide Nationen schlägt. Dennoch waren zahlreiche Migranten von einem gewissen Identitäts-Indifferentismus geprägt, da sie nicht wirklich definieren konnten, als was sie sich fühlten. So ist nicht verwunderlich, dass sich in den letzten Jahren eine gewisse „Repolonisierung“ der ersten Aussiedlergeneration feststellen lässt.
In seinem Vortrag zeichnet Gregor Ploch nach, welche Strategien die Migranten in Bezug auf ihre Eigen- und Fremdwahrnehmung angewandt haben und welche Veränderungen innerhalb dieser Gruppe sowie in der nächsten Generation, ihren Kindern, eingetreten sind.
 
Dr. Gregor Ploch ist promovierter Kirchenhistoriker, gebürtiger Oberschlesier und gehört zur Gruppe der sogenannten Aussiedler. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der neueren und neuesten (Kirchen)Geschichte Schlesiens, den deutsch-polnischen Beziehungen im 20. Jh., der Vertriebenen- und Aussiedlerforschung, der Kirchengeschichte in den ehemaligen deutschen Ostgebieten und in Polen im 19. und 20. Jh. sowie der Geschichte und Kultur Oberschlesiens.