KLAUS ZERNACK COLLOQUIUM, 07.02.2017

07.02.2017
Vortragsreihe Multilaterale Erinnerungsorte Herausforderungen, Erwartungen und Potenziale im Rahmen des Klaus Zernack Colloquiums
Prof. Dr. Michael G. Müller und Prof. Dr. Robert Traba laden gemeinsam mit Prof. Dr. Igor Kąkolewski ein, zum Vortrag von
 
Dr. Sabine Stach (Warschau)
 
Durch Zeitgeschichte spazieren. Historisches Erzählen im gegenwärtigen Städtetourismus in Ostmitteleuropa
 
Kommentar: Dr. Irmgard Zündorf (Potsdam)
 
Dienstag, den 7. Februar 2017, 19:00 Uhr
 
Bibliothek des Zentrums für Historische Forschung Berlin
der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Majakowskiring 47
13156 Berlin-Pankow

Ein Blick auf das städtetouristische Angebot in Ostmitteleuropa offenbart viele Möglichkeiten, sich als Reisende/r mit dem Erbe des Staatssozialismus auseinanderzusetzen. Neben privaten und öffentlichen Museen, Gedenkstätten und Themenparks laden kommerzielle Reiseveranstalter zu speziellen – meist englischsprachigen – Stadttouren ein, die sich dem „Kommunismus“ und dessen materiellen Relikten widmen. Solche communist tours stehen im Fokus von Sabine Stachs Forschung. Mit der Stadtführung wendet sie sich einem Basiselement des Tourismus zu, welches die Vermittlung historischen Wissens ebenso verspricht wie Unterhaltung und Erlebnis.

Im Vortrag soll die internationale Tourismusindustrie als Rahmen diskutiert werden, in dem Erinnerungsgemeinschaften aus verschiedensten Teilen der Welt aufeinandertreffen. Die Reisenden bringen Vorstellungen vom „Kommunismus“ mit, die ihren „touristischen Blick“ (J. Urry) vorstrukturieren und lenken. Fremdenführer/innen fungieren daher als transkulturelle Mittler/innen, die das lokale Erbe in Bezug setzen müssen mit einem global verfügbaren Repertoire populärer Bilder über Ost(mittel)europa vor 1989. Insbesondere sollen die verschiedenen Authentifizierungsstrategien in den Blick genommen werden, derer sie sich dabei bedienen: Es gilt die „Originalität“ bestimmter Orte zu vermitteln; zugleich zeigt sich, dass das Familiengedächtnis eine besondere Rolle für die Beglaubigung alltagsgeschichtlicher Perspektiven spielt.

Dr. Sabine Stach ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Historischen Institut Warschau. Sie studierte Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte und Bohemistik/Slowakistik an der Universität Leipzig und der Karls-Universität Prag und wurde mit einer Dissertation über politische Märtyrerdiskurse im Staats- und Postsozialismus promoviert. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen den Staatssozialismus im Städtetourismus Ostmitteleuropas, Opposition und Dissens in Ostmitteleuropa, Geschichtspolitik und Erinnerungskultur, Postsozialismus und Public History.